Wenn wir über Gefühle reden, ist das darüber Sprechen eine kognitive Leistung. Die Benennung unserer Gefühle ist eine Codierung dessen, was im Körper stattfindet. Indem wir darüber sprechen, wird aus einem Gefühl ein bewusst gemachter und geäußerter Ausdruck von etwas das wir eigentlich zuallererst unbewusst erfahren: Emotionen.
Was ist der Unterschied zwischen Gefühl und Emotion?
Ein grundlegender Unterschied zwischen Gefühlen und Emotionen ist, dass Gefühle bewusst erlebt werden, während Emotionen sich entweder bewusst oder unbewusst manifestieren. Manche Menschen können Jahre oder sogar ein ganzes Leben damit verbringen, die Tiefe ihrer Emotionen nicht zu verstehen.
Um den Unterschied von Gefühlen und Emotionen zu verstehen, schauen wir uns die chemischen Prozesse im Körper etwas genauer an.
Grundsätzlich ist es so, dass wir zunächst einmal Emotionen erfahren bevor wir ein Gefühl verspüren. Das Gefühl erfolgt also erst dann, wenn die „Emotions-Chemikalien“ im Körper wirken. Diese „Chemikalien“ werden als Reaktion auf unsere Interpretation eines bestimmten Auslösers freigesetzt. Die Emotion verursacht also ein Gefühl und aus einer Kombination von Gefühlen entstehen schlussendlich Stimmungen.
Emotionen sind sozusagen die Rohdaten, die wir verarbeiten; sie sind eine Reaktion auf unsere sensorische Wahrnehmung, d. h. auf das was und wie wir sehen, hören, riechen, schmecken, tasten, auf unseren Gleichgewichtssinn und wie wir unseren Körper im Raum wahrnehmen.
Emotionen sind somit ein Resultat unserer (inneren und äußeren) Realität, während Gefühle durch Geschichten verwässert werden können. Durch Ereignisse und Erlebnisse aus der Vergangenheit oder durch Ängste vor der Zukunft erschaffen wir in unserem Kopf Gefühle, die dann nicht mehr unbedingt der Wahrheit/Realität entsprechen.
Kurzgefasst: Wir nehmen etwas wahr (Sinneswahrnehmung), daraus resultiert eine Körperempfindung (chemische Reaktion) und es entsteht eine Emotion (Angst, Trauer, Freude, Ekel oder Wut). Je nachdem, was wir erleben, während wir diese Emotion wahrnehmen, verknüpfen wir damit eine Geschichte und entsprechende Gedanken.
Womit die meisten von uns kämpfen bzw. worunter wir leiden, ist, dass wir in der Geschichte "hängen" bleiben. Wir identifizieren uns damit, anstatt uns auf den Ursprung zu fokussieren: das Körpergefühl und die Emotion zu spüren.
Das ist der Ansatz von Körpertherapien und meiner Arbeit. Einfach nur fühlen. Der Rest, die Auflösung, kommt dann von selbst.
Emotionen haben ihren Ursprung in der Amygdala (Teil unseres limbischen Systems) sowie dem ventromedialen präfrontalen Cortex des Gehirns.
Die bereits erwähnten Rohdaten/sensorische Inputs, die unsere Emotionen darstellen, lösen biomechanische Reaktionen in unserem Körper aus, was wir wiederum als Empfindungen in unserem Körper unbewusst und instinktiv erleben.
Auf diese körperlichen Empfindungen zu hören, die von unserer Sinneswahrnehmung geprägt sind, hilft uns, Entscheidungen zu treffen, die für uns richtig sind.
Wie werden Emotionen verarbeitet?
Wir alle verarbeiten unsere „Emotions-Daten“ unterschiedlich, denn unser Unbewusstsein, aber auch Bewusstsein verknüpfen Gefühle, die einmal aus Emotionen entstanden sind, mit Geschichten, die wir erlebt haben und evtl. auch mit daraus resultierenden Ängsten.
Ein Beispiel, wie unterschiedlich wir Emotionen verarbeiten:
Nehmen wir an, ich gehe auf einer Straße, höre quietschende Reifen und sehe im Bruchteil einer Sekunde im Augenwinkel, wie fast jemand überfahren wird.
Das Geräusch der quietschenden Reifen wird durch mein Ohr wahrgenommen. Dabei wird mein Sympathikus angesteuert und der Vagusnerv spannt sich an. Durch diese unbewusste Reaktion im Körper entsteht ein spürbares Magenkneifen. Zusätzlich nehmen meine Augen die visuelle Information des bremsenden Autos wahr. Das passiert subkortikal.
Biochemisch betrachtet wird in Millisekunden Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet. Vielleicht bekomme ich Gänsehaut oder mein gesamter Körper spannt sich an, vielleicht habe ich einen kurzen Atem-Aussetzer. Zusammen mit dem zusammengezogenen Magen fühlt sich das nicht gut an. Was ich gerade wahrnehme, ist die physiologische Erfahrung und Emotion von Angst.
Je nachdem, welche Geschichten, Erfahrungen und Erlebnisse ich unbewusst mit dieser Emotion verknüpfe, ist die Interpretation dieser Emotion unterschiedlich und äußert sich damit auch in verschiedener Weise. Gespeicherte Erfahrungen kombiniert mit der physischen Wahrnehmung des gerade Erlebten lassen uns unterschiedlich reagieren. So kann eine Person, die den Beinahe-Unfall wahrgenommen hat, mit Wut reagieren, eine andere wiederum eher gleichgültig, und eine weitere ängstlich usw.
Ich könnte z. B. mit Wut auf den Fahrer reagieren, weil ich denke, ich bin sauer auf Männer, die so rücksichtslos und aggressiv Auto fahren und mein Ex war auch so einer. Wenn wir das aber genauer betrachten, bin ich eigentlich sauer, dass mein Ex ein solcher Fahrer ist und sich durch seine Fahrweise die Emotion von Angst in mir manifestiert hat. Meine Erfahrung und meine Geschichte haben sich mit dem gerade Erlebten verknüpft, obwohl sie damit eigentlich gar nichts zu tun haben. Nur weil meine Sinnesorgane ein Quietschen und einen Beinahe-Unfall wahrgenommen haben.
So kreieren wir unsere Realität. Unsere Interpretation und Reaktion entsprechen dabei nicht unbedingt der Situation.
Und genau diese Interpretationen und Reaktionen hinterfrage ich bei meinen Klienten immer wieder, wir machen einen „Reality Check“.
Wenn unsere Reaktionen hinderlich und unsere Gefühle zur Belastung werden
In Situationen wie der gerade beschriebenen ist es nicht weiter belastend, wenn sich ein Gefühl von Wut oder Angst in mir breit macht, denn meist verfliegt das auch schnell wieder.
Es gibt jedoch wiederkehrende Situation und Ereignisse, wo sich negative Empfindungen stark auf den Alltag und unser Leben auswirken. Unsere Lebensqualität leidet darunter und oft auch die Beziehungen zu anderen.
Das Schöne ist, wir können diese „unangebrachten“ Gefühle und Reaktionen auflösen und uns sozusagen neu programmieren, indem wir mit unserem Unbewussten arbeiten. Den Zugang dazu liefert unser Körper, der Ort, wo unsere Emotionen zuallererst entstehen. Eine intensive Auseinandersetzung mit körperlichen Wahrnehmungen aus bereits erlebten Situationen hilft uns, den Moment zu entdecken, an dem ich eine Emotion in ein Gefühl interpretiert habe, das sich für die Zukunft als negative Reaktion auf meine Realität eingeprägt hat.
Wir entdecken unverarbeitete Emotionen und Geschichten.
Am Beispiel mit dem Autofahrer: Ich reagiere auf den Fahrer mit Wut, weil ich die Emotionen in Zusammenhang mit meinem Ex nicht verarbeitet habe. Sonst würde ich anders reagieren. Ich würde nur fühlen, was in der brenzlichen Situation tatsächlich war: eine gefährliche Szene, wo etwas Angst durchaus normal ist. Wut wäre hier fehl am Platze und Hilfsbereitschaft für die evtl. unter Schock stehende Person, die knapp dem Unfall entkam, doch eher die gewünschte Reaktion.
Löse ich also die Wut und Enttäuschung aus meiner alten Realität auf, kann ich eine neue schaffen und meinem Körper beibringen, anders zu reagieren.
Wenn du mehr über deine emotionale und Gefühlswelt lernen möchtest, vereinbare direkt ein unverbindliches kostenfreies Erstgespräch.
Oder melde dich gern zu meinem nächsten Workshop von 05. bis 07. Juli 2024 in Wien an. Mehr Informationen dazu findest du hier.
Comments